Verfolgung von „Schleppern“ wird mehr Tote fordern
Es ist wirklich schwer zu fassen, welche Qualen die 71 Menschen durchgemacht haben müssen, die am Donnerstag, 27. August, auf der A4 im Osten Österreichs nur mehr tot geborgen werden konnten. Die Polizei vermutet, dass sie aus Syrien nach Europa aufgebrochen sind. Hier wollten sie ein neues Leben anfangen.
Tags darauf wurden drei der „Schlepper“ in Ungarn aufgegriffen, die in ihren Tod involviert gewesen sein dürften. Möglicherweise stellt sich heraus, dass es keine sehr angenehmen Zeitgenossen sind, möglicherweise haben sie sogar viel Geld verdient und entpuppen sich als verabscheuenswerte Verbrecher.
Das Werk der Politik
Die Macht solch grauenhaftes Elend zu beenden, hat aber immer noch unsere Regierung in ihren Händen und damit hat sie auch die volle Verantwortung dafür zu tragen. Wir wissen nicht wie viel Handlungsspielraum Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat und ob jemand in der Regierung jemals versucht hat, ihrem Treiben Einhalt zu gebieten. Aber natürlich trägt sie die Hauptverantwortung für das Leiden tausender Flüchtlinge in Österreichs Lagern und auf Österreichs Straßen. Es sind ihre Befehle an die Polizei, die die Schlepper zu immer riskanterem Verhalten zwingen. Für die Flüchtlinge werden die Transporte teurer und gefährlicher, aber die Verzweiflung ist so groß, dass sie sich nicht abschrecken werden lassen.
Kürzlich beschrieb uns eine junge Frau, wie sie auf einem Parkplatz bei Melk auf eine Gruppe von völlig ratlosen Flüchtlingen traf. Die Behörden war nicht willens oder imstande sie von der Autobahn, wo sie von der Polizei gestoppt wurden, in sichere Unterkünfte zu geleiten. Das sei nicht ihr Problem, meinte die Polizei der jungen Frau gegenüber. Stattdessen machten sie mit Hubschraubern und Hundestaffeln Jagd auf den Fahrer, den mutmaßlichen Schlepper, und jagten ihn quer durch Niederösterreich.
Nichts hat uns deutlicher vor Augen gehalten, dass es völlig berechtigt ist zu sagen: die Innenministerin ist direkt für den Tod von Flüchtlingen verantwortlich. Diese Vorgehensweise der Polizei, die Konzentration ihrer Kräfte auf die Jagd nach Schleppern, anstelle der unmittelbaren Hilfeleistung für Flüchtlinge geschieht auf Befehl der Innenministerin.
Tote in Kauf genommen
Dieselbe Vorgehensweise hat schon im Mittelmeer zu immer mehr Toten geführt, und man hat sich erst dazu durchgerungen, wieder vermehrt den Schiffbrüchigen Hilfe zu leisten, als ganz Europa erschüttert und wütend aufgestanden ist. Wir erinnern uns, wie die Regierung im April Betroffenheit demonstriert hat. Gleichzeitig hat sie denselben Prozess auf Österreichs Straßen in Gang gesetzt hat, der schon im Mittelmeer den Tod von tausenden Menschen zur Folge hatte.
Die Regierungen Europas wissen genau um die möglichen Konsequenzen ihres Handelns und sie nehmen Tote in Kauf.
Sie haben nichts dazu gelernt, hört man oft, so als wären die Regierenden naiv. Als müssten wir die Regierung nur darüber aufklären, welche Folgen die Kriminalisierung von Flucht hat, und dann würde sie umkehren und eine menschlichere Politik beginnen. Natürlich wissen die Regierenden ganz genau, wohin die Kriminalsierung von Flucht führt. Sie wissen das aus tausenden Beispielen. Und sollten unsere Regierungsmitglieder wirklich so dumm sein, diese Lehre nicht zu verstehen, dann wäre ein gemeinsamer Rücktritt aus Scham über die eigene Dummheit und Unbelehrbarkeit angesagt.
Aber eine viel wahrscheinlichere und auch viel schrecklichere Vermutung drängt sich auf. Die Regierungen Europas wissen genau um die möglichen Konsequenzen ihres Handelns und sie nehmen Tote in Kauf. Dabei hätten sie die Macht das Sterben zu verhindern. Wie wird die Geschichte über die Regierung Faymann urteilen? Schuldig am Tod von mindestens 71 Menschen! Schuldig des Verbrechens gegen die Menschlichkeit!
Solidarität
Bleibt die Frage nach dem Warum, nach dem Motiv. Es gibt handfeste Gründe, Nationalismus beziehungsweise Chauvinismus ist einer davon. Die Mächtigen wollen keine offene und solidarische Gesellschaft. Denn das würde bedeuten, dass die anderen triumphieren, die Linken, die „Gutmenschen“, die kleinen Leute, die, über die man regiert, indem man sie täuscht, verführt, oder einfach unterdrückt.
Regierungen vertreten die wirklich Mächtigen, diejenigen die das Wirtschaftsleben kontrollieren und die mit ihren Mitteln die öffentliche Meinung beeinflussen können. Die haben jedes Interesse, dass wir Flüchtlinge und Zuwanderer als Fremde und als Bedrohung behandeln und nicht als Brüder und Schwestern, als Angehörige unserer Klasse der Werktätigen. Denn dann hätte die herrschende Klasse ein großes Problem. Deshalb ist der Kampf für die Rechte von Flüchtlingen auch ein Kampf um unsere Rechte und um die Stärkung unserer Seite – gegen die Regierung. Und die muss zurücktreten.