Das Gerede vom Kalten Krieg ist überzogen – aber es gibt reale Risiken

Sowohl von russischer als auch von amerikanischer Seite wird behauptet, dass es sich bei der Syrien-Krise um die schlimmste Krise zwischen Washington und Moskau seit der Kuba Krise im Oktober 1962 handle. Alex Callinicos, Professor am King’s College in London hat das „keine Sekunde lang geglaubt“.
14. Mai 2018 |

Die Kuba Krise passierte, da die US-Regierung unter Kennedy entdeckte, dass die UdSSR nukleare Mittelstreckenraketen auf Kuba positionierten. Die Raketen wurden aus verschiedenen Gründen dort aufgestellt. Einerseits, um weitere Versuche der USA, das Regime von Fidel Castro zu stürzen, zu verhindern, wie es bei der Invasion in der Schweinebucht im April 1961 der Fall war. Andererseits, um die Überlegenheit der USA durch Langstreckenraketen zu verringern.

Die Risiken bei der Auseinandersetzung um die Insel 530 km vor Miami, die bis zur Revolution 1958 eine Halbkolonie der Vereinigten Staaten war, waren enorm hoch. Heute wissen wir, dass die UdSSR Kuba mit Nuklearraketen vollgestopft hatte. Wenn es also nach dem Willen des Pentagon verlaufen wäre und sie eine Invasion in Kuba gestartet hätten, wäre die Insel, und vermutlich der ganze Planet, sehr rasch radioaktiv geworden.

Relative US-Schwäche

Glücklicherweise überstimmte Kennedy seine Generäle und konnte einen Deal mit dem Regierungschef der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, aushandeln. Die Raketen der Sowjets wurden abgezogen. Im Gegenzug entfernte die USA ihre Raketen aus der Türkei, welche nahe der UdSSR waren, und versicherten, Kuba nicht anzugreifen.

Im Vergleich dazu ist Syrien zu einem Symbol für die Weigerung der USA geworden, nach dem Irakkrieg eine militärische Frontposition im Nahen Osten einzunehmen. Barack Obama weigerte sich, in Syrien zu intervenieren und zog es vor, Dschihadisten mit Drohnen auszuschalten. Für Obama war China die größte Bedrohung. Der Aufstieg des IS zwang ihn, widerwillig eine limitierte Zahl an Soldat_innen in den Irak und nach Syrien zu schicken und weitere Truppen in Afghanistan zu lassen

Wirtschaftsinteressen

Donald Trump hat diese Taktik nicht umgekehrt. Vor einigen Wochen meinte der US-Präsident, er würde die Truppen aus Syrien sehr bald abziehen. Laut der Washington Post hat Trump, wie schon Obama vor ihm, sehr klar festgelegt, dass die USA kein Interesse an Syrien haben und auch wenig Möglichkeiten hätten, den schon lang anhaltenden Bürgerkrieg aufzuhalten. Allerdings ist der Konflikt aus zwei Gründen doch gefährlich.

Der erste ist seine Impulsivität. Ein gutes Beispiel hierfür ist die „Transpazifische Partnerschaft“, ein Handelsabkommen, das Obama konstruiert hat, um China zu isolieren. Einer der ersten Handlungen Trumps war es, die USA daraus zurückzuziehen. Jetzt überdenkt Trump seine Entscheidungen. Seine Tweets über Syrien verschärfen die Konfrontation mit Russland, trotz der Bemühungen, die Beziehungen zu Wladimir Putin zu verbessern.

Geopolitischer Konflikt

Zweitens sind die Beziehungen von Trump zum israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und zur Saudi-Monarchie weit besser, als diese unter Obama waren. Beide sind bestrebt, die USA in einen Krieg mit ihrem Hauptrivalen, der Islamischen Republik Iran, zu verwickeln. Neben Putin ist dieses der Hauptunterstützer des syrischen Diktators Baschar al-Assad. Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zu der Situation in Kuba. Während das Pentagon damals von „Falken“ dominiert wurde, ist Verteidigungsminister James Mattis diesmal bestrebt, diese Krise einzudämmen.

Die Raketenangriffe waren also auf Assads chemische Kriegseinrichtungen gerichtet, und es wurde darauf geachtet, die großflächig stationierten russischen Streitkräfte in Syrien nicht zu treffen. Die Anwesenheit all dieser ausländischen Militärs in Syrien – iranische, türkische, sowie israelische – zeugen von einem geringen Interesse Washingtons an der Situation. Aber es schafft eine ernsthafte Gefahr, dass der syrische Kampf einen weitreichenderen Krieg herbeiführt.

Kein Vergleich

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 Weiters stimmt die Rhetorik nicht. Russland ist ein Ärgernis für die USA, kein globaler Konkurrent wie die Sowjetunion es war. Allerdings versucht ein großer Sektor des Establishments in der westlichen Welt aus den Bemühungen seitens Putin, die Schwächen des Westens auszuloten, einen „neuen kalten Krieg“ herbeizureden. Ein sehr stupides Beispiel hierfür wäre eine Aussage der britischen Botschafterin für die Vereinten Nationen, Karen Pierce. Diese meinte, dass Marx sich im Grab umdrehen müsse um zu sehen, was aus dem Land, das auf vielen seiner Grundsätzen gegründet wurde, im Namen der Unterstützung Syriens tut.

Anscheinend weiß diese Säule des Auswärtigen Amtes nicht, dass der russische Staat Jahrhunderte vor der Revolution von 1917 existierte, und dass Putin sich eher nach dem orthodox christlichen Autoritarismus der Zaren, und nicht nach Marx oder Lenin richtet. Allerdings ist diese Hysterie über einen „neuen kalten Krieg“ derzeit weit verbreitet. Wenn Trump jetzt aus seinen ganz eigenen Motiven versuchen sollte, das weiter zu schüren, kann es sehr schnell brandgefährlich werden.

Der Artikel ist zuerst in der britischen Zeitung Socialist Worker erschienen. Übersetzung aus dem Englischen von Stefan Severin.