Stürmischer Widerstand gegen Erdoğans Säuberungen an Unis
Seit der Veröffentlichung des Appells „Wir machen uns nicht mitschuldig an diesem Verbrechen“, der von 1.128 Akademiker_innen unterschrieben wurde (bekannt als die Petition „Akademiker für den Frieden“), wurden die Unterzeichnenden systematisch unter Druck gesetzt: Man drohte ihnen mit Ermittlungen, drängte sie zu Kündigungen, entließ sie und verhängte Ausreisesperren.
Per Notstandsdekret (Nr. 686), erlassen am 7. Februar, wurden 330 Akademiker_innen entlassen. An nur einem Abend wurden an der Universität in Ankara 72 Angestellte gefeuert. 115 von den 330 haben die Petition „Akademiker für den Frieden“ unterzeichnet. Ebenso wurden Akademiker_innen, die gegen die schlechten Arbeitsbedingungen von Universitätsassistenten gekämpft haben, unter dem Dekret entlassen.
„Nein, wir bleiben!“
Kein Dekret, das seit dem 1. September erlassen wurde, ist auf gravierenden Widerstand gestoßen. Aber der Erlass vom 7. Februar hat jetzt eine neue Protestwelle entfacht. In Ankara formierte sich eine Bewegung um den Slogan „Nein, wir bleiben!“ (#HayırGitmiyoruz). Studierende kündigten einen Boykott des Dekrets an.
Der Staat ging mit Gewalt gegen die Proteste vor. Akademiker_innen riefen zum Frieden und zur Gewaltlosigkeit auf und gewannen so die Unterstützung der Öffentlichkeit und weiterer Städte. Der Funke sprang auf die Universitäten Marmara und Bosporus in Istanbul und Kocaeli in İzmit über. Universitätsangestellte, die zuvor ihre Büros räumen mussten, kämpfen nun Seite an Seite mit ihren Studierenden.
Politische Säuberungen
Die Protestierenden haben auch jene Universitätsrektoren ins Visier genommen, die dem Hochschulrat die Namen der Petitions-Unterstützer_innen weitergegeben haben.
Die DSİP-Mitglieder Can Irmak Özinanır, Forschungsassistent an der Fakultät für Kommunikationswissenschaften an der Universität in Ankara, und Merve Diltemiz Mol, ebenfalls Assistentin an der Fakultät, haben bei jeder Gelegenheit ihre Positionen gegen Neoliberalismus, Krieg, Militärputsche, Homophobie, Rassismus und Sexismus verteidigt. Auch sie wurden unter dem Dekret vom 7. Februar entlassen, weil sie die Petition „Akademiker für den Frieden“ unterschrieben haben.
Der Hochschulrat erklärte, Merve Diltemiz Mol wäre nicht mehr geeignet ihren PhD-Lehrgang fortzusetzen, und versetzte sie – in einem Akt des Mobbings – zurück an die Universität Abant İzzet Baysal in Bolu. Can Irmak Özinanır wurde bereits am 8. September darüber informiert, dass er für drei Monate suspendiert werde. Er wurde schließlich unter dem jüngsten Erlass gefeuert.
Unterstützung nötig
Während hunderte Akademiker_innen an der Universität in Ankara das gleiche Schicksal teilen, sind unsere Genoss_innen Teil des wachsenden Widerstands. Sie inspirieren uns mit ihrer Entschlossenheit. Wir stehen hinter Can Irmak und Merve bis wir alle an auf den Campus zurück können. Unsere politische Tradition verlangt, dass wir den Kampf weitertragen für all jene, die Frieden wollen, die aufgrund oppositioneller Ansichten entlassen werden, gegen die noch immer ermittelt wird und die für Arbeitsrechte in der Bildung kämpfen. Wir bauen diesen Kampf weiter auf!
Nein zum Ausnahmezustand, Krieg und Notverordnungen! Nein, wir bleiben! Hände weg von unseren Lehrenden und Genoss_innen!
Betreff: „Spende für Akademiker in Türkei“ BAWAG PSK, Publikationen für Sozialismus von unten IBAN: AT12 1400 0030 1097 3650 Wir leiten die Spenden weiter!