Wählt – aber Protest ist wichtiger
Die katastrophalen Wahlergebnisse in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg sind Bestätigung und Warnung zugleich. Eine Bestätigung dafür, dass eine politische Rebellion gegen die etablierten Parteien im Gang ist, und eine Warnung davor, dass die Rechtsextremen diese Rebellion nutzen werden, wenn sich die linken Parteien als systemtreu beweisen.
Die genannte Rebellion hat in Absurdistan (Österreich) völlig paradox der Wunderwuzi der ÖVP, Sebastian Kurz, in Bahnen lenken können, die genau in die gegenteilige Richtung führen als die von einem Großteil seiner Wählerschaft erhofften – in eine konservative, das verhasste System stabilisierende Richtung. Aber es ist vielmehr das Versagen seiner Gegner als seine Stärke, die ihm das ermöglicht.
SPÖ will nicht siegen
Natürlich hassen und verachten ihn genügend Menschen, so dass mit ihrer Unterstützung auch linke Mehrheiten geschaffen werden könnten. Aber das große Drama ist, dass die SPÖ unter Rendi-Wagner lieber das tut, was sie für anständig hält, nämlich auf Angriff und Konfrontation verzichten, also extrem fad und lauwarm auftreten.
Wir wünschen der SPÖ einen Wahlsieg und empfehlen allen Wähler_innen, rot zu wählen, aber die Parteiführung scheint entschlossen dazu, lieber der SPD auf ihrem Weg in die Bedeutungslosigkeit zu folgen, als ihre Basis zu mobilisieren. Die wird zu einem Gutteil wieder zuhause bleiben, vielleicht sogar das Kreuzerl bei den Grünen machen, oder noch schlimmer.
Viel zu viele Arbeiter_innen, dazu zählen wir alle Lohnabhängigen, die nicht als Ausbeuter ihr Brot verdienen, sind wegen dieser Politik der SPÖ schon zur FPÖ abgewandert – Absurdistan eben. Denn die FPÖ ist genau das Gegenteil einer Arbeiterpartei, sie ist eine Gewerkschafts-feindliche und rassistische Partei, eine Partei, die den Interessen der Arbeiter_innenklasse schadet, wo sie nur kann.
Ganz offensichtlich triumphiert der Wunsch, den die SPÖ partout nicht bedienen will, nämlich dem System eins auszuwischen, über die eigenen sozialen Interessen. Und so werden wahrscheinlich wieder die beiden Parteien, die am weitesten rechts stehen, gemeinsam die Mehrheit erhalten, und es ist gar nicht auszuschließen, dass sie trotz aller Entfremdung nach dem Ibizavideo-Skandal wieder eine Regierung bilden. Schließlich haben sie noch viel Sozialstaat zu zerstören. Gnade uns Gott, oder wer auch immer.
Proteste sind wichtiger
Die guten Nachrichten muss man außerhalb des parlamentarischen Parketts suchen, auf den Straßen. Die Wochen vor den Wahlen, werden so wie im Frühsommer von wahrscheinlich riesigen Protesten geprägt werden. Einerseits ruft die Plattform für eine menschliche Asylpolitik eine Woche vor den Wahlen, am 21. September, zu einer Großdemonstration gegen Schwarz-Blau.
Außerdem mobilisieren Schülerinnen und Schüler schon länger für Riesenproteste an den beiden Freitagen vor den Wahlen, und zwar mit zunehmender Unterstützung aus den Gewerkschaften. Das sind wie wichtigsten Entwicklungen unserer Zeit, viel wichtiger als das Wahlergebnis und welche Parteien uns regieren.
Sehr wahrscheinlich werden die Grünen auf dem Rücken dieser Proteste es wieder ins Parlament schaffen. Aber sogar, wenn sie an einer Regierung beteiligt werden (das Schreckgespenst, das die FPÖ für ihre Anhänger an die Wand malt), dann werden sie die Proteste, die sie dorthin gebracht haben, mit Sicherheit in völlig harmlose Bahnen lenken. Nicht nur, weil sie immer noch die so harmlosen österreichischen Grünen sind, sondern weil sie eine Partei sind, die im System ihr Glück sucht und nie und nimmer eine antikapitalistische Partei sein wollen.
Antikapitalistische Klimapolitik
Aber Antikapitalismus ist, was wir brauchen. Dieses System wird den Globus weiter in Richtung Klimakatastrophe steuern. Spätestens nächstes Jahr, 2020, sollten die Emissionen zu sinken beginnen, wenn die Klimaerwärmung noch beherrschbar bleiben soll, sagen uns die Wissenschafter_innen des Weltklimarats IPCC.
Wir werden die Herrschenden dazu zwingen müssen, erste Schritte in diese Richtung zu tun und wir werden ihnen das Ruder aus den Händen reißen müssen, um in die Gegenrichtung zu steuern. Alle unsere Hoffnungen liegen in den großen Protestbewegungen unserer Zeit und in den revolutionären Bewegungen, die daraus entstehen können. Keine falschen Hoffnungen in die etablierte Politik. Geht auf die Straßen!