Schüler verhindern Abschiebung mit Gewalt und ganz Deutschland applaudiert
Wir einfachen Staatsbürger_innen können oft nicht nachvollziehen, wie Spitzenpolitiker es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, Menschen nach Afghanistan abzuschieben, wo das Land doch offensichtlich zerstört ist, und die Zivilbevölkerung zwischen der Besatzung und dem Widerstand aufgerieben wird.
Dass sie die Deportationen ungeachtet aller Warnungen und den zahlreichen Berichten aus Afghanistan doch durchgezogen haben, hat viele demoralisiert und an der Rechtmäßigkeit des Staats zweifeln lassen. Sehr viele Menschen haben seit 2015 eine aktive Rolle in der Flüchtlingshilfe gespielt. Sie wissen aus erster Hand, wie viel der Staat lügt und betrügt, um unfassbar unmenschliche Politik fortsetzen zu können.
Bewegung muss radikaler werden
In dieser Stimmung hat der tolle Widerstand der Berufsschüler_innen Begeisterung ausgelöst. Als ihr Mitschüler Asef am 31. Mai von der Polizei aus der Schule weg verhaftet werden sollte, begannen sie eine Sitzblockade. Gegen diese Blockade setzte die Polizei dann die übliche Gewalt ein – Pfefferspray, Schlagstöcke und Gliedmaßen verdrehen.
Die Schüler_innen, die meisten um die 20 Jahre alt, hat das nicht sonderlich beeindruckt. Um jeden Meter kämpften sie verbissen, warfen auch mal ein Fahrrad Richtung Polizei und brachten Beamte zu Fall. Die Videos davon posteten sie im Internet und riefen zu Hilfe auf. Diese bewundernswerte Widerstandsaktion kann der entscheidende Anstoß gewesen sein, den die Solidaritätsbewegung mit den Flüchtlingen in Europa gebraucht hat. Denn eines ist klar; wir müssen einen Weg finden unsere Bewegung zu radikalisieren, wenn Massenproteste die Regierungen nicht zum Einlenken bewegen konnten.
Die Radikalisierung, die sich um den Vorfall in Nürnberg, entwickelt hat, muss für die deutsche und bayrische Regierung eine ernsthafte Bedrohung sein. Wenn nur ein paar Linke bereit sind, eine Deportation mit Blockaden zu verhindern, ist das eine Sache. Wenn sich die breite Masse mit so etwas identifizieren kann, dann läuten die Alarmglocken. Es ist leicht sich vorzustellen, dass wir in Zukunft noch viel mehr solch beherzter Aktionen erleben dürfen.
Imperialismus schwächen
Es geht dabei um mehr als um den Kampf gegen die unmenschliche Asylpolitik, denn diese ist vor allem die Fortsetzung einer fehlgeschlagenen Besatzung und eines verlorenen Krieges. 2001 haben die USA den Krieg in Afghanistan begonnen. 2017 beherrschen die Taliban den größten Teil des Landes und die USA haben schon mehrfach versucht abzuziehen, mussten aber diese Pläne jedesmal aufgeben, weil sie als die großen Verlierer dagestanden wären, hätten die Taliban danach das Land wieder kontrolliert.
Auf der NATO-Sicherheitskonferenz im Jänner 2017 wurde als Konsequenz daraus ein Deal zwischen den EU-Staaten und der afghanischen Regierung ausgehandelt, demnach die afghanische Regierung sich verpflichtet 60.000 Flüchtlinge zurückzunehmen und die EU dafür einen Terminal am Flughafen von Kabul baut, und Milliarden fließen lässt. Erfolgreicher Widerstand gegen die Abschiebungen sind also auch ein schwerer Schlag gegen Imperialismus und damit gegen das ganze Machtgefüge unserer Zeit.
Als die Regierung gute Miene machte
Auch 2015 war die Öffnung der Grenzen eine Reaktion auf zivilen Ungehorsam, der von der Durchschnittsbevölkerung mitgetragen wurde. Damals machten sich Hunderte auf, um Flüchtlinge aus Ungarn über die Grenze zu holen, oder ließen sie in Grenznähe in ihre Autos steigen. Vergessen war die Bedrohung mit dem Schlepperparagrafen mit dessen Hilfe 2014 einige Unschuldige ins Gefängnis gesteckt wurden.
Die österreichische Regierung ging so weit, Busse nach Kroatien zu schicken, um Flüchtlinge selbst abzuholen – alles um diesen Aufschwung von Radikalisierung wieder einzudämmen. Seit die Bewegung wieder abgeflaut ist und die Medien nicht mehr über Solidarität mit Flüchtlingen berichten, hat die Bundesregierung wieder begonnen ihre Energien und Ressourcen gegen Flüchtlinge einzusetzen.
Behörden wollen Spieß umdrehen
Auch nach dem erfolgreichen Widerstand in Nürnberg haben die Behörden begonnen, das Opfer anzuschwärzen. Eine Richterin hatte am Tag nach der Verhaftung von Asef entschieden, dass er nicht in Schubhaft muss. Dabei hat die Polizei verbreitet, Asef hätte gedroht, er werde „zurückkommen und Deutsche töten“ – das klingt wenig glaubwürdig. Gegen einen der Demonstranten hat die Polizei Haftbefehl erlassen. Sie wirft ihm Angriffe auf zwei Beamte und Körperverletzung vor.
Offensichtlich sind sie sehr bemüht, den Normalzustand wieder herzustellen, mit bösen Demonstranten und guten, armen Polizisten, aber sie erscheinen dabei doch ziemlich hilflos. Trotzdem sollte uns das eine Warnung sein, dass dieser Aufschwung der Bewegung weiter getragen werden und politischen Ausdruck erfahren muss, um eine nachhaltigere Wirkung zu erzielen. Es muss Schluss sein mit Deportationen nach Afghanistan. Wir können diesem unmenschlichen System schweren Schaden zufügen.