Statement der Riot Medics Berlin: „Das Spiel ist jetzt vorbei!“

Die Riot Medics Berlin waren in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli im Hamburger Schanzenviertel als Sanitäter_innen unterwegs. Sie verarzten von der Polizei verletzte Aktivist_innen. In ihrem Statement beschreiben sie wie sie von der Polizei mit vorgehaltenen Sturmgewehren abgeführt wurden.
26. Juli 2017 |

Als sich am Freitagabend die Situation auf der Schanze zuspitzte und auch für uns unübersichtlicher wurde, richteten wir mit Hilfe der Berliner Left-Demo-Medics und der Bewohner_innen eines Hauses auf dem Schulterblatt eine Versorgungsstation in einem Hausflur gegenüber der Lerchenstraße ein.

Dorthin konnten wir verletzte Personen aus akuten Gefahrenzonen bringen, untersuchen, behandeln. Der Zustand eines Patienten hätte es erfordert, dass er ins Krankenhaus gebracht wird. Aufgrund der Polizeisperren und Barrikaden war es nicht möglich einen Krankenwagen zu bekommen.

Etwa um 00:50 Uhr, verließen drei der Sanitäter_innen das Haus, um ihren Heimweg anzutreten. Vor der Haustür trafen sie auf eine Gruppe von Beamten einer nicht näher erkennbaren Spezialeinheit der Polizei, die sich dem Hauseingang näherte. Sie wiesen die Beamten darauf hin, dass sich in diesem Hausflur Sanitäter_innen und Verletzte befänden.

Im Hausflur selbst kam kurz darauf ein Bewohner die Treppe hinunter und sagte, er sei von der Polizei angewiesen worden, die Haustür von innen zu öffnen. Nachdem er die Tür öffnete, betraten mehrere mit Maschinengewehren bewaffnete Spezialkräfte den Flur, befahlen uns die Hände zu heben, einer von ihnen rief: “Das Spiel ist jetzt vorbei”.

Direkt hinter der Eingangstür lag der schwerverletzte Patient eingewickelt in Rettungsdecken mit laufender Infusion. Im Erdgeschoss sowie auf den Treppenstufen saßen ausschließlich markierte Sanitäter_innen, in den oberen Stockwerken warteten weitere Patient_innen.

Mit Sturmhauben und ballistischen Westen ausgerüstet zielten die Spezialkräfte auf Köpfe und Oberkörper mehrere Sanitäter_innen im Treppenhaus. Sie forderten uns auf, uns nicht zu bewegen und die Arme oben zu halten, sonst würden sie von ihren Schusswaffen Gebrauch machen. Die grünen Laser-Zielhilfen aus den Gewehrläufen blieben über die gesamte Zeit auf die Oberkörper derjenigen gerichtet, die im Erdgeschoss und im Treppenhaus für die Polizisten sichtbar waren.

„Augen nach links, oder es knallt“

Zwei Sanitäter und eine Ärztin, die bei dem schwerverletzten Patienten am Hauseingang geblieben waren, wurden aufgefordert, den Patienten aus dem Haus zu tragen. Er sollte hinter einem gepanzerten Polizeifahrzeug abgelegt werden. Die zwei Sanitäter sollten sich mit den Händen an eine Hauswand und auseinander gespreizten Beinen aufstellen. Währenddessen waren aus einem anderen Haus mehrere Detonationen und Ramm-Geräusche zu hören.

Deutschland probt Bürgerkrieg – österreichische Polizisten prügeln mit!

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Einem der Sanitäter wurde der Lauf einer Waffe in den Rücken gedrückt mit den Worten „Augen nach links, oder es knallt“. Die Ärztin blieb bei dem Patienten, bis wir aufgefordert wurden ihn zu einem RTW außerhalb der Polizeiabsperrung zu bringen.

Wir übrigen im Hausflur verbliebenen Menschen wurden aufgefordert, langsam und mit erhobenen Händen nach unten zu gehen. Während die Zielfernrohre auf uns gerichtet blieben, mussten wir einzeln das Haus verlassen. Einige wurden abgetastet, durchsucht und bei erneuter Androhung des Schusswaffengebrauchs zur absoluten Kooperation genötigt.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.