Vom Abschiebe-Volksbegehren zur Briefbombenserie 2.0?

FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl wird wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Die Reaktion der FPÖ unter ihrem neuen Führer Herbert Kickl: Sie instrumentalisiert den Tod der 13-jährigen Leonie und lässt Waldhäusl ein Abschiebe-Volksbegehren initiieren. Eindeutig ein Versuch, wie 1993 ein Klima zu schaffen, in dem der Rassismus im Land in offene Gewalt umschlagen könnte.
16. August 2021 |

Im Jahr 1993 gelang es der FPÖ unter Jörg Haider mit dem Anti-Ausländer-Volksbegehren die Stimmung gegen Ausländer derart anzuheizen, dass Nazi-Terroristen eine jahrelange Serie von Bombenattentaten starteten. Der Freiheitliche Gemeindekurier warnte vor einer „Meute hungriger Wölfe, die alles an sich rafft und auch die helfende Hand des Hausherren nicht verschont. Noch können wir uns wehren – aber schon vor der Haustür warten unüberschaubarer Horden gieriger Wohlstandsritter.“ Die Neue Freie Zeitung erwartete gar den „Volkestod“ durch die Einwanderung.

Die Blutspur des Nazi-Terrors

Wolfgang Purtscheller schrieb 1993 in seinem Buch Aufbruch der Völkischen. Das braune Netzwerk: „Haider hatte … mit seinem Volksbegehren etwas zustande gebracht, was der rechtsextremen Szene trotz zwei Jahrzehnte währenden Strebens noch nicht geglückt war.“ Der folgende Nazi-Terror dauerte vier Jahre. 1995 traf er die Roma-Siedlung in Oberwart. Erwin und Karl Horvath, Josef Simon und Peter Sarközi wurden durch eine Sprengfalle ermordet. Der Auslöser der Rohrbombe war eine Tafel mit der Inschrift „Roma zurück nach Indien.“

Im Bestseller Haiders Clan – Wie Gewalt entsteht beschrieb Hans-Henning Scharsach wie sich die Agenda von Fuchs und der FPÖ glichen. Die FPÖ ist nach unserer Einschätzung eine echte faschistische Partei. Das bestätigt sich eben durch diese Vorgehensweise, denn Wahlerfolge sind für Faschisten nur ein Mittel zum Zweck. Für die Verwirklichung ihrer Agenda brauchen sie vor allem ein Klima der Gewalt. Sie müssen immer versuchen aus ihren Anhängern einen Kern von gewaltbereiten Rassisten herauszuschälen, mit dem sie wie die SA unter Hitler gegen politische Gegner und in ihren Augen minderwertige Menschen losschlagen können.

Kickl gibt den Haider-Schüler

Als Herbert Kickl 2021 Norbert Hofer absägte, nannte er am Parteitag Jörg Haider seinen Lehrmeister. Das Motto des Parteitags: „Gestern. Heute. Morgen. Die Freiheit, die wir meinen“, eine Bezugnahme auf Haiders Buch Die Freiheit, die ich meine. Die niederösterreichische FPÖ-Skandaltruppe bekommt unter Kickl eine besondere Rolle: Asyl-Landesrat Waldhäusl, der jugendliche Flüchtlinge in ein Lager mit Stacheldrahtzäunen sperren ließ und dafür jetzt wegen Amtsmissbrauchs angeklagt wird, initiiert das Abschiebe-Volksbegehren und der Landesparteichef Udo Landbauer, der mit der NS-Liederbuch-Affäre offensichtlich zum FPÖ-Adel aufstieg, wird Kickls Stellvertreter als Bundesparteiobmann.

Antirassistische Aktionseinheit

Wir brauchen große und breite Bündnisse aller antirassistischen Kräfte gegen die Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas. Es darf kein Schweigen und keine Spaltung unter FPÖ-Gegnern geben, wenn der braune Mob über das Volksbegehren mobilisiert wird. Der organisierten Arbeiterbewegung kommt eine besonders wichtige Aufgabe zu. Wohin der organisierte Hass auf Minderheiten und halbherzige Strategien der Gegenseite führen können, wissen wir aus der Geschichte. Wir wissen aber auch, dass wir die Faschisten von der Straße jagen können. Alle Versuche der FPÖ und ihrer Anhänger 2015 und danach eine PEGIDA-ähnliche Bewegung auf Österreichs Straßen zu etablieren, haben wir auf den Straßen gestoppt.