Warum Österreich mit der Zahl der Flüchtlinge nicht überfordert ist
Wenn man bedenkt, dass sogar in einem Land wie Ägypten, das von einem blutigen Diktator regiert wird, genug Häuser für die ca. 136.000 syrischen Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden, wirkt Mikl-Leitners Behauptung, dass es keine menschenwürdige Quartiere für Flüchtlinge gäbe, äußerst zweifelhaft. Österreich hat in der Vergangenheit deutlich größere Flüchtlingsströme, als die 40.000 für 2015 erwarteten, gemeistert. In der österreichischen Geschichte gibt es vier gute Beispiele, wie viele Flüchtlinge dieses Land aufnehmen kann, wenn der politische Wille vorhanden ist.
Flüchtlingsstrom 1945
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gab es in Österreich etwa 1,65 Millionen Flüchtlinge (bei damals circa 6 Millionen Einwohnern). Diese kamen aus den unterschiedlichsten Ländern, besonders aus Jugoslawien und der Tschechoslowakei. Dazu kamen noch tausende von Sudetendeutschen und „Volksdeutschen“, die aus ihrer Heimat flohen oder vertrieben wurden und in Österreich Zuflucht suchten. Im Jahr 1947 gab es in Österreich in etwa 400.000 „Volksdeutsche“.
Anfänglich wurden sie mit den anderen Flüchtlingen in Baracken untergebracht. Die österreichische Regierung erließ 1954 ein Gesetz, das allen „Volksdeutschen“ die Möglichkeit gab, mittels einer simplen Loyalitätserklärung die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Zu dieser Zeit lebten noch etwa 170.000 Volksdeutsche ohne Staatsbürgerschaft in Österreich. Der Großteil wurde durch dieses Gesetz eingebürgert.
Einwanderungswellen
Im Sommer 1956 marschierten russische Truppen in Budapest ein und schlugen den Aufstand der ungarischen Arbeiter_innen nieder. Danach flüchteten 180.000 Menschen über die geöffnete burgenländische Grenze nach Österreich. Die Flüchtlinge wurden in Durchgangslagern (z.B. Traiskirchen), aber auch in Hotels oder Privatquartieren untergebracht. 18.000 Ungar_innen blieben in Österreich und erhielten die Staatsbürgerschaft.
1968 marschierten Truppen des Warschauer Pakts in die damalige Tschechoslowakei ein und beendeten den „Prager Frühling“. Daraufhin flüchteten 160.000 Menschen nach Österreich, 12.000 Menschen blieben hier. Auch im Verlauf des Kosovo-Krieges 1991 flüchteten 90.000 Menschen nach Österreich, von denen 60.000 blieben.
Aktuelle Situation
International gibt es viele Beispiele, wie viele Flüchtlinge ein Land aufnehmen kann, ohne zusammenzubrechen. Das Land, das 2014 die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat, ist Pakistan (1,7 Millionen), gefolgt vom Libanon. Dieses Land hat halb so viele Einwohner_innen wie Österreich, trotzdem nahm es 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge auf.
Auf Platz 3 und 4 sind der Iran und die Türkei. Auch die Warnung der italienischen Regierung vor der wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe, sollte die (angebliche) Million syrischer Flüchtlinge nach Europa kommen, ist nichts anderes als rassistische Panikmache. Im Laufe des US-Angriffes 2001 flüchteten zwischen 5 und 7 Millionen Afghan_innen, der Großteil nach Pakistan. Allein zwischen September und November 2001 wurden um die 200.000 Flüchtlinge in Pakistan aufgenommen.
Die EU hat fast viermal so viele Einwohner_innen wie Pakistan. Das BIP pro Kopf beträgt in der EU 30.000 und in Pakistan 3.000 Euro. Es braucht folglich keine menschenfeindliche „Notmaßnahmen“, sondern die Öffnung der Grenzen, die Aufnahme von Flüchtlingen und das Recht, hier bleiben zu dürfen.