Wir können die rassistische Offensive zurückschlagen!
Die Flüchtlingsbewegung hat in den letzten Monaten ganz fantastische Schritte vorwärts gemacht! In Liesing sorgten wir dafür, dass der FPÖ-Aufmarsch gegen ein Flüchtlingsheim in einem Debakel für die Freiheitlichen endete. Zu Massenversammlungen an der Universität kamen über 1.000 Studierende. Über 16.000 Menschen beteiligten sich in Wien am internationalen Aktionstag #M19 in Solidarität mit Flüchtlingen.
Eine außerordentliche Politisierung der Bewegung war zu spüren. Viele erzählten stolz, dass sie sich bereits in Liesing der FPÖ entgegengestellt haben. Unglaublich viele selbstgebastelte Schilder zeugten von der Schärfung des politischen Bewusstseins der Leute. Die Notunterkunft im Ferry-Dusika-Stadion und Train of Hope hatten beide nicht nur zur Demo #M19 aufgerufen, sondern auch zu den Protesten gegen die FPÖ in Liesing.
Politisierung
Die NGOs, von ihrem Selbstverständnis her nicht-politische Organisationen, haben in der Politik mitgemischt. Die Umwandlung der griechischen Hotspots in Internierungslager zwang die Hilfsorganisationen, sich aus den Lagern zurückzuziehen. Das war ein klar politisches Statement, sagten Ärzte ohne Grenzen.
Für alle, die sich vielleicht über die letzten Monate von der Regierung und den Medien verunsichern ließen, waren die Proteste ein mächtiger Gegenbeweis.
Der Versuch der Regierung, die Flüchtlingshilfe durch Abzug der Spendengelder zu kürzen, ging nach hinten los. Innerhalb kürzester Zeit unterschrieben 22.000 Menschen eine Petition und lösten eine Welle des Protests aus. Für alle, die sich vielleicht über die letzten Monate von der Regierung und den Medien verunsichern ließen, waren die Proteste ein mächtiger Gegenbeweis.
Schmutziger Türkei-Deal
Die Regierungen handelten zugleich nicht aus einer Position der Stärke, sondern aus Verzweiflung. Die vielgepriesenen Hotspots funktionieren nicht, die Obergrenzen entpuppten sich als verfassungswidrig und das Dublin-Abkommen – wonach das erste EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist, das der Flüchtling betritt – ist endgültig gescheitert.
Der EU-Türkei-Deal ist zum einen an Zynismus und Unmenschlichkeit nicht zu überbieten, andererseits ist er eine Augenauswischerei, er kann nicht funktionieren. Die Europäische Union will Flüchtlinge aus Griechenland zurück in die Türkei deportieren, die gerade erst die gefährliche Überfahrt übers Meer überlebt haben.
Im Gegenzug will Europa Geld überweisen und ganze 72.000 syrische Flüchtlinge von der Türkei in die EU übernehmen und verteilen. Alleine 2016 werden aber laut der Freiburger Denkfabrik SAT zwischen 1,8 und 6,4 Millionen Flüchtlinge erwartet. Heftigster Widerstand formiert sich schon jetzt in Griechenland unter der Bevölkerung und in den Lagern.
Neue Feinde
Die Fluchtrouten werden sich einfach verlagern. Die Menschen werden links und rechts an der Westbalkanroute vorbeigehen – über Libyen und Italien, über Bulgarien und über die Kaukasusroute. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner fürchten das und schicken bewaffnete Soldaten und Panzer an die Grenze am Brenner.
Die Regierung schafft sich mit ihrer „Flüchtlingsabwehr“ zugleich neue Feinde. In den geplanten Asyl-Schnellverfahren beruft sie sich auf „Notstandsklausel“ (Artikel 72 des EU-Vertrags). Wann wird der Notstand wieder angewandt? Bei Kollektivvertragsverhandlungen? Bei Pensionskürzungen? Verbot von unliebsamen Parteien und Organisationen? Die Gewerkschaftsbewegung sollte längst hellhörig geworden sein.
Gewaltige Herausforderung
Die Regierung handelt aber nicht nur aus Verzweiflung, sie macht damit auch die FPÖ stark, die ihrerseits die Regierung vor sich hertreiben kann. Sie wird sich weiter von der anderen Seite den Zorn der Solidarischen auf der Straße zuziehen. „Die Flüchtlingspolitik der Regierung fußt auf dem Chaos“, schrieb Michael Völker im Standard. „Diese Stimmung wird sich am Ende des Tages auch gegen die Regierung richten. Sie wird den Sturm ernten, den sie hier gesät hat.“
Die Polarisierung wird schnell voranschreiten. Wir stehen vor der riesigen Herausforderung, die Bewegung gegen Regierung und gegen die FPÖ auszuweiten. Die Proteste der letzten Wochen machen uns Hoffnung.