Das war Marx is Muss 2015: Lust auf Kämpfen und Revolution!
Der diesjährige Kongress „Marx is Muss“ fand vor dem Hintergrund des wachsenden Widerstands gegen die europäische Sparpolitik und dem Kampf gegen den Aufstieg rechtsextremer Parteien statt. „Dass ihr so coole internationale Gäste wie Judith Orr und Sotiris Kontogiannis herbekommen habt, spricht für euch“, erzählt die Kongressbesucherin Lydia der „Neuen Linkswende“. „Geile Location, günstiges Buffet, freundliche Menschen, Eintritt gegen freiwillige Spende und diese große Menge an Infomaterial – sehr gut!“
Knapp 100 Menschen nahmen an drei Tagen an 18 Veranstaltungen zu den brennenden Fragen der Bewegung teil. Die Studentin Alison meint: „Der große Raum für Diskussion hat mir sehr gefallen, alle konnten sich an der Debatte beteiligen. Das ist viel interessanter als eine übliche Vorlesung an der Uni.“ Teilnehmerin Lisa ergänzt: „Ich habe es super gefunden, dass es Vorträge über Themen gegeben hat, über die man aus den Medien jetzt nicht sonderlich viel erfährt oder die einfach generell verschwiegen werden.“
Widerstand gefeiert
Sotiris Kontogiannis (SEK, Antarsya) trug die Fackel des griechischen Kampfes nach Wien: „Das Wahlergebnis im Jänner hat die Arbeiterklasse in der ganzen Welt begeistert.“ Viele meldeten sich zu Wort. Sowohl die katastrophalen Auswirkungen der Sparpolitik als auch strategische Fragen wurden heiß debattiert. Sotiris meinte, es gäbe„keine Lösung von oben“ und argumentierte für einen Bruch mit den EU-Institutionen und die Solidarität der werktätigen Klassen Europas.
Fantastischer Widerstand regt sich auch im bisher „stabilen“ Deutschland. „Als ich zum Kongress eingeladen wurde, hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass ich Grüße aus dem Streikland Deutschland zu bieten habe!“, leitete Stefan Bornost (Die LINKE, Marx21) seine tollen Schilderungen von den bahnbrechenden Streiks in den deutschen Kindertagesstätten und bei der Deutschen Bahn ein.
Judith Orr (SWP) berichtete nach dem Wahlsieg der englischen Konservativen, wie enorm wichtig es ist, den Kampf gegen Rassismus und Sozialabbau bis zum Sturz von Regierungen durchzufechten. Die Dynamik des Kampfes kann schnell zusammenbrechen, wenn unsere Seite die Angriffe nicht ernst nimmt: „Man kann das Selbstbewusstsein der Lohnabhängigen nicht in eine Flasche füllen, sie verschließen und wenn man eine Armee an Werktätigen braucht, öffnet man sie wieder.“
Schulter an Schulter…
Der Saal war gestopft voll, als Judith Orr mit ihrem Vortrag zu Feminismus, Marxismus und Frauenbefreiung begann: „In jedem wichtigen Kampf stehen Frauen an vorderster Front.“ Die Diskussion drehte sich stark um das heutige Rollenbild der Frau, die alles schaffen soll – Beruf, Kindererziehung, Haushalt – und gleichzeitig noch zu einem „Sexobjekt“ reduziert wird. Dass Frauen fabelhafte Kämpfe anführen können, wurde auch in der Veranstaltung zu den Kärntner Partisaninnen klar.
Auf dem Kongress wurde internationale Solidarität gelebt. Als die Nachricht eintraf, dass die engagierte Menschenrechtsaktivistin Mahienour el-Masry erneut zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, organisierten einige Teilnehmer_innen eine spontane Fotoaktion. In einer herzreißenden Rede erzählte Mustafa von seiner Flucht aus Afghanistan über unwegsame Routen, reißende Flüsse und unter schlimmsten hygienischen Bedingungen.
… gegen Rassismus und Unterdrückung
Der Politikwissenschafter Farid Hafez erklärte in einem spannenden Vortrag, warum die Wurzeln des Rassismus gegen Muslim_innen nicht in einer „rassistischen Bevölkerung“ zu suchen sind, sondern in einem System, das die tatsächlichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse aufrechterhält.
Anastasia Lopez, Aktivistin im Kampf gegen Homo- und Transphobie, hat beeindruckend geschildert, wie stark der Rückhalt beim Aufbau des Protests „Küssen im Prückel“ war und wie die Medien anders schreiben, wenn sie den Druck von der Straße spüren.
Weitere wichtige Themen am Kongress waren TTIP, die österreichische Revolution 1918, der Aufstand im Warschauer Ghetto 1943, Integration, die ägyptische Konterrevolution, Umweltschutz, der Tradition der „Internationalen Sozialisten“ und linke Alternativen (Diskussion mit dem Blog „Mosaik“). Pierluigi Avorio begeisterte mit einem musikalisch unterlegten Vortrag „Women of Soul“ und der Rapper Lev Bro rockte die Bude am Sonntagabend mit antirassistischen Texten.
In die Offensive gegen die FPÖ
Ein Schwerpunkt am Kongress war, dass der Kampf gegen Rassismus und die FPÖ in den kommenden Wahlkämpfen in Wien und Oberösterreich eine zentrale Rolle spielen muss. Die Dringlichkeit bestätigte sich gegen Ende des Kongresses am Sonntag, als die ersten Hochrechnungen der Steiermark- und Burgenlandwahlen hereinflatterten. Die FPÖ konnte massiv zulegen.
Robert Eiter, Sprecher des oberösterreichischen „Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ mit 73 Organisationen, und der antifaschistische Buchautor Wolfgang Purtscheller waren sich einig, dass man die Verharmlosung der FPÖ beenden und die Kräfte bündeln muss. Robert meinte: „Viele, die aus der FPÖ kommen, haben eine lupenreine braune Gesinnung, die sie durch bürgerliche Umgangsformen zu kaschieren trachten.“
Katharina Litschauer, Aktivistin der „Neuen Linkswende“, fasste in der Abschlussveranstaltung noch einmal zusammen, wie wichtig es ist, dass revolutionäre Sozialist_innen prinzipiell und standhaft gegen jede Form von Rassismus, Unterdrückung und sozialer Ungerechtigkeit kämpfen und gleichzeitig immer eine systemüberwindende Perspektive in die Kämpfe tragen müssen.