TTIP-„Investorenschutz“: Österreichischer Holzkonzern verklagt Rumänien

Ein österreichischer Holzkonzern zeigt welche Folgen die Einführung des Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) haben würde. Der Firma Schweighofer Holzindustrien wird vorgeworfen illegal geschlägertes Holz aus rumänischen Urwäldern zu verarbeitet – und droht Rumänien nun mit einer Klage, nachdem dessen Regierung eine Gesetzesänderung in die Wege geleitet hat.
9. November 2015 |

Nachdem die Firma von Gerhard Schweighofer im Jahr 2002 in den rumänischen Holzmarkt einstieg, der bis dahin von Kleinunternehmen bestimmt wurde, etablierte sich der Holzkonzern zum Marktführer mit einem Marktanteil bei Nadelhölzern von 27 Prozent und einem jährlichen Umsatz von 700 Millionen Euro.

Schweighofer vermarktet seine Produkte gerne mit dem Umwelt-Gütesiegel FSC – aber Umweltaktivist_innen von Agent Green werfen ihm Holzverarbeitung von illegalen Schlägerungen vor. Der Agent Green-Aktivist Gabriel Paun selbst nahm die Holzlieferungen zu Schweighoferschen Sägewerken genauer unter die Lupe. Laut Kurier wurde er daraufhin vor den Firmentoren krankenhausreif geschlagen.

Holzkonzern im Visier

Weitere Umweltorganisationen wie die US-amerikanische Environmental Investigation Agency (EIA) haben es auf Schweighofer Holzindustrien abgesehen. Als Holzverkäufer getarnt und mit versteckten Kameras ausgerüstet, gaben EIA-Aktivisten vor, einen Deal mit dem Konzern aushandeln zu wollen. In dem Video machen Schweighofer-Mitarbeiter klar, dass es in Ordnung sei, mehr Holz zu kaufen, als das Kontingent erlaubt. Der Geschäftsführer Schweighofer distanziert sich in einem weiteren Video von den Vorwürfen, nichtsdestotrotz wurden seltsamerweise die Mitarbeiter gekündigt.

Zugleich hat Schweighofer eine weitere Schlacht zu schlagen: Am 20. Mai setzte die rumänische Regierung ein neues Forstgesetz durch, welches die Holzschlägerung in den Urwäldern eindämmen soll. Außerdem darf eine Firma nur mehr 30 Prozent des genehmigten Kontingents einer Holzsorte verarbeiten. Schweighofer liegt bei 27 Prozent, wollte aber in naher Zukunft ein zusätzliches Sägewerk eröffnen. Er sieht durch das Gesetz seinen möglichen zukünftigen Profit geschmälert.

Drohung mit Klage

Bereits im September 2014 und Mai 2015 schickte Schweighofer dem rumänischen Premier Victor Ponta zwei Briefe, in denen er eine ISDS-Klage ankündigte, sollte das Gesetz in Kraft treten. Bei dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten können Unternehmen eine sogenannte ISDS-Klage gegen Staaten einreichen, sollten deren Gesetzgebungen etwaige Profite von Konzerne beeinträchtigen.

Eben jenes für Unternehmen so vorteilhafte Druckmittel soll mit dem Freihandelsabkommen TTIP eingeführt werden. Der österreichische Holzkonzern kann von ISDS bereits jetzt Gebrauch machen, da 1996 zwischen Österreich und Rumänien ein zwischenstaatliches Investitionsschutzabkommen vereinbart wurde. Bis jetzt steht eine Antwort von Pontas aus.

Geheimhaltung

Dieses Beispiel macht deutlich, wie stark Unternehmen durch das Freihandelsabkommen TTIP Demokratie und Gesetze einschränken könnten. Noch wird es im europäischen Parlament verhandelt, während EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sich darum bemüht, die Geheimhaltung weiter zu verschärfen. Die Berichte der zehnten Gesprächsrunde mit den US-Partnern wurden nicht mehr an die einzelnen EU-Mitgliedstaaten verschickt, sondern sind nur noch in einem gesicherten Lesesaal in Brüssel für Beamt_innen und Politiker_innen zugänglich.

Mit TTIP-Protesten gegen das System

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Breiter Widerstand regt sich sowohl auf der Straße als auch im Internet. Wikileaks sammelt auf ihrer Enthüllungsplattform Spenden, um Informanten über geheime TTIP-Dokumente mit 100.000 Euro belohnen zu können.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.