Nach Charlottesville: Antifaschisten demütigen Nazis weltweit

In zahlreichen Städten weltweit stellen sich zehntausende Antifaschist_innen den Aufmärschen der Rechten entgegen. Ausnahmslos konnten diese zurückgedrängt werden, die Nazis mussten bittere Niederlagen hinnehmen.
28. August 2017 |

Während man in den Kreisen der Herrschenden einen vehementen Rechtsruck beobachten kann, erstarkt die internationale antifaschistische Straßenbewegung. In vielen Städten der Welt haben Aktivisten gezeigt, dass sie den rassistischen Kurs der Regierungen nicht hinnehmen.

Trump und Charlottesville

Unter dem Motto „Unite the Right“ (Vereinigt die Rechte) demonstrierten am 12. August hunderte Rechtsextremisten in Charlottesville, im US-Bundesstaat Virginia, gegen die Entfernung eines Reiterstandbildes des Konföderierten-Generals Robert E. Lee. Dieser setzte sich für den Fortbestand der Sklaverei ein und wurde nach dem amerikanischen Bürgerkrieg von den Anhängern der Sklaverei zum „Helden“ stilisiert.

US-Präsident Donald Trump bezeichnete die rechten Demonstranten als „fine people“ (anständige Leute) und beklagte auf Twitter die Gefährdung der amerikanischen Geschichte und Kultur durch die Entfernung solcher Statuen. An der Demonstration beteiligten sich Mitglieder mehrerer rechtsextremer und neonazistischer Gruppierungen, darunter des Ku-Klux-Klans und der Alt-Right-Bewegung, die auch als Unterstützer Trumps bekannt sind.

Nazi-Attentäter kein Unbekannter

Schon vor der eigentlichen Kundgebung am Samstag stellten sich zahlreiche Gegendemonstranten den Rechten in den Weg, es kam zu brutalen Straßenkämpfen. Frustriert über die Übermacht der Antifaschisten raste der Rechtsradikale James Fields in eine Menschenmenge, ermordete so die linke Aktivistin Heather Heyer (32) und verletzte weitere 19 Menschen ernsthaft.

Die neonazistische Gesinnung Fields war nicht unbekannt, auf seiner Facebook-Seite fanden sich Hakenkreuze, Hitlerzitate und andere Sympathiebekundungen für Nazis. Dennoch distanzierte sich Trump nicht von den Rechtsextremen, die Gewalt komme von „vielen Seiten“ höhnte er. Auf Fragen von Journalisten, ob „es sich bei dem Vorfall um Terrorismus handle und ob er die weißen Nationalisten ablehne“, gab der US-Präsident keine Antwort. Die Neonaziplattform „Daily Stormer“ feierte ihn dafür und schrieb: „Gott segne ihn“.

Barcelona: No pasarán!

Nach dem islamistischen Terroranschlag am 17. August in Barcelona, bei dem 15 Menschen getötet und mehr als 120 Menschen verletzt wurden, versuchten Rechtsradikale die Trauer der Menschen für ihre Hetze gegen Muslime und Flüchtlinge auszunutzen. Sie marschierten mit Flaggen mit dem Symbol der „Identitären“ und Bannern mit Aufschriften wie „Stop Islamization of Europe“ auf.

Doch schnell fanden sich mehr als 200 Gegendemonstranten ein, skandierten „Faschisten raus aus unseren Stadtvierteln“ und „No pasarán“(„Ihr kommt nicht durch“), den Slogan der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg. Sie stellten sich den etwa 20 Neonazis entgegen, die damit klar unterlegen waren. Geschützt von der Polizei und unter Jubelrufen der Umstehenden mussten sich die Identitären schließlich zurückziehen.

 

Am 26. August gingen in Barcelona dann fantastische 500.000 Menschen auf die Straße. Sie haben mit Plakataufschriften wie „No a la Islamofòbia“ („Nein zu Islamophobie“) und „Les Vostres Politiques – Les Nostres Morts“ (Eure Politik, unsere Toten) die Demonstration geprägt und dem König und der regierenden PP, die bei der Demonstration mitmarschierten um sie für Nationalismus zu vereinnahmen, die Suppe versalzen.

Boston

Eine Woche nach dem rechtsextremistischen Terroranschlag in Charlottesville riefen in Boston erneut Vertreter des rechten Spektrums zu einer Kundgebung auf. Unter dem Titel „Free Speech Rally“ sollte für die „Meinungsfreiheit“ demonstriert werden, wobei zahlreiche Rechtsextremist_innen auf der Rednerliste standen. Ein Teilnehmer beschreibt das Ziel der Kundgebung so: „Wir wollten nur für freie Meinungsäußerung an den Universitäten werben, freie Meinungsäußerung in den sozialen Netzwerken für konservative, rechte Redner. Und wir wollen keine Gewalt.“

Aber Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Das fanden auch die etwa 40.000 Gegendemonstrant_innen, dank derer die Kundgebung der Rechten (gekommen waren nur 25 Menschen) kurz nach Beginn abgebrochen werden musste. Sie blieben auch standhaft, als die Polizei versuchte, die Gegendemonstration zurückzudrängen und so die Rechten zu schützen.

Berlin

Auch in Berlin mussten sich Neonazis den Antifaschist_innen geschlagen geben: Am 17. August riefen sie zu einer Demonstration anlässlich des 50. Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß auf. Die geplante Route führte vom Bahnhof Berlin-Spandau zum ehemaligen Kriegsverbrechergefängnis der Alliierten, wo Heß 1987 Selbstmord beging. Doch schon nach wenigen Metern wurden die rund 800 Neonazis  von den zahlreichen Blockaden der mit etwa 2.000 Teilnehmern zahlenmäßig überlegenen Gegendemonstrant_innen behindert und mussten ihre Demonstration schließlich abbrechen.

Die Liste der Beispiele, bei denen Antifaschist_innen die Rechtsextremist_innen erfolgreich bekämpften, könnte noch weiter geführt werden. „ACT for America“, die größte islamfeindliche Organisation der USA, hat 67 Aufmärsche in 36 Bundesstaaten abgesagt und beschränkt sich auf eine Online-Aktion am 9. September. Begründung: die Gefahr des „Antifa-Terrors“ sei zu groß. Seit der Wahl Trumps zum Präsidenten der USA sind die Rechten zwar selbstbewusster geworden aber nicht mehr. Sie bekommen von Trump den Rücken gestärkt während er gleichzeitig die radikale Linke als kriminell darstellt.

Nicht wegsehen!

Dank der Unterstützung der Herrschenden und der Medien kann man schnell den Eindruck bekommen, dass sich nationalistisches Gedankengut quer durch alle Klassen der Gesellschaft verbreitet. Doch der Großteil der Menschen demonstrierte auf Seiten der linken Aktivist_innen. Die Stimmen gegen Rassismus, Faschismus und Islam-Hetze in der Bevölkerung werden immer lauter – und notwendiger, um dem Rechtsruck an den Spitzen entgegenzutreten.

Wenn man beispielsweise die Verbindungen zwischen der Alt-Right-Bewegung und der FPÖ oder die Verwicklungen rund um das Identitären-Schiff („Defend Europe“) betrachtet, wird deutlich, dass die rechtsextremen Bewegungen von oben unterstützt werden und gewollt sind. Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen sich nicht von den Regierungen verblenden lassen und sich wehren. Auch in Erinnerung an den Mut von Heather, deren letzter Facebook-Eintrag lautete: „Wer sich nicht empört, schaut einfach nicht hin.“

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.