Griechenland: Größter Generalstreik seit Jahren gegen Pensionskürzungen

Am 4. Februar fegte durch Griechenland der größte Generalstreik seit 2011. Der Regierung, eingeklemmt zwischen Massenbewegung und „Troika“, bleibt immer weniger Raum für Manöver. Die Arbeiter machen weitere Schritte nach links, schreibt Panos Garganas in Athen.
15. Februar 2016 |

Die Demonstration am 4. Februar war vermutlich die größte seit dem Sommer 2011, als die Massen öffentliche Plätze besetzten. Das Zentrum von Athen war so voll von Menschen, dass jeder Versuch separate Kundgebungen abzuhalten sinnlos war. Das Bild war überall in Griechenland dasselbe – die zweite Demonstration in Thessaloniki war riesig und sogar in vielen kleineren Orten fanden Kundgebungen statt.

Gewerkschaften aus dem privaten und öffentlichen Bereich riefen bereits den dritten Streik gegen die Pensionskürzungen aus. Der Morgen glich einem Sonntag. Alles hatte geschlossen, niemand hat gearbeitet. Die einzige Ausnahme waren die Medien – sie hatten schon am Vortag gestreikt, um über den Streik am nächsten Tag berichten zu können.

Arbeiter und Bauern

Viele Gruppen abseits der Arbeiter_innenklasse schlossen sich den Streiks an. Streikende Anwälte stellten auf den Protesten einen großen Block. Auch kleine Geschäfte schlossen für den Tag und die Verkäufer marschierten mit. Sogar Bauern, die zuvor Straßen blockiert hatten, vereinigten sich mit den Werktätigen.

Die Regierung kann keine Zugeständnisse machen ohne die Troika zu konfrontieren. Und sie kann die Pensionsreform nicht durchbringen ohne die Bewegung zu konfrontieren.

Am Vorabend des Streiks gab die Syriza-Regierung eine Erklärung zur Unterstützung des Streiks ab. Sie meinte, der Streik könnte ihre Verhandlungsposition gegenüber der „Troika“ – die Europäische Union, die Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds – stärken. Die Regierung hatte keine andere Wahl. Vorher hatte sie noch versucht,  die Streikbewegung zu untergraben. Regierungsanhänger wollten den Protest der Anwälte als Bewegung der Reichen darzustellen. Sie behaupteten, dass die Kundgebungen der Bauern von der faschistischen Goldenen Morgenröte angeführt wurden.

Diese Lüge wurde im Generalstreik entlarvt. In Wirklichkeit hatten die meisten Bauern Syriza ihre Stimme gegeben. Die Goldene Morgenröte hatte zwar versucht die die Proteste zu unterwandern, ihre Anhänger wurden allerdings konfrontiert. Sie mussten sich von den Demonstrationen zurückziehen.

Weitere Eskalation steht bevor

Jeder Versuch die Bewegung zu entmutigen scheiterte. Die Stimmung auf den Protesten war eine Demonstration der Stärke. Die Hauptforderung war das Gesetz zu stoppen, noch ehe es ins Parlament kommt. Die Gewerkschaftsbürokratie versuchten die Proteste zu verzögern und das Feuer einzustellen, bis die Pensionskürzungen im Parlament zur Abstimmung kommen würden.

Sie rechneten damit, dass dies bis zum Tag des Generalstreiks bereits geschehen wäre. Aber die Regierung schob das Vorhaben immer wieder auf. Das bedeutet, dass die Gewerkschaften einen weiteren Generalstreik ausrufen müssen.

Teile der Bewegung eskalieren die Arbeitskämpfe, wie zum Beispiel die Fährarbeiter und möglicherweise bald Elektrizitätsarbeiter.  Die Lohnabhängigen, die durch das Gesetz am meisten zu verlieren haben, sind jene mit den besten Pensionen. Die Pensionen sind die Früchte eines jahrzehntelangen Kampfes, und daher sind diese Werktätigen auch am besten organisiert.

Regierung bleibt kein Spielraum

Niemand wagt es in Griechenland, die Wut an Flüchtlingen auszulassen. Sie werden von allen unterstützt. Neben der antirassistischen Organisation KEERFA (Bewegung gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung) marschierten auch andere Gruppen mit selbstgemachten Pro-Flüchtlings-Transparenten. Die Bauern sind die konservativste Teil der Bewegung, doch als sie auf Flüchtlinge trafen, die auf dem Weg zur nördlichen Grenze Griechenlands waren, luden sie diese ein sich an ihren Feuerstellen zu wärmen.

Sichere Fluchtwege: Zornige Proteste gegen griechisch-türkischen Grenzzaun

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Das alles setzt die Regierung gewaltig unter Druck. Aus der Situation gibt es kein einfachen Ausweg. Sie kann keine Zugeständnisse machen ohne die Troika zu konfrontieren, denn die Pensionsreform ist ein wichtiger Teil ihrer Forderungen. Und sie kann die Pensionsreform nicht durchbringen ohne die Bewegung zu konfrontieren. Diese Bewegung ist eine gänzlich andere als fünf oder sechs Jahre zuvor. Damals bekamen die Menschen einen Vorgeschmack auf den Generalstreik. Jetzt haben sie einen jahrelangen Kampf hinter sich –und sind nach links gerückt.

Panos Garganas ist Herausgeber der Zeitung Arbeitersolidarität in Griechenland und führendes Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SEK). SEK ist Teil des radikal linken Parteibündnisses Antarsya.
Artikel ist zuerst auf www.socialistworker.co.uk erschienen. Übersetzung aus dem Englischen von Lisa Reicher.
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.