Polarisierung in Europa: Die Linke muss eingreifen

Österreich stehen gewaltige Budgetdefizite ins Haus, und die werden mit Sparprogrammen ungekannten Ausmaßes finanziert werden. Wir sollten davon ausgehen, dass die SPÖ solche Sparprogramme mittragen wird. Das könnte ein politisches Erdbeben auslösen.
10. Juni 2015 |

Ob von einer Beschädigung der Sozialdemokratie die Linke profitieren würde, oder ungarische Verhältnisse einkehren, hängt natürlich davon ab, wie gut oder schlecht die Linke darauf vorbereitet ist. In Ungarn hat die extreme Rechte die politische Dynamik bestimmen können, weil sie auf die Demontage der Sozialdemokratie vorbereitet war und weil es keine Kraft links der Sozialdemokratie gegeben hat. In Griechenland hat vor allem die Linke profitiert, weil Arbeitskämpfe und soziale Proteste das politische Geschehen vor der Implosion der sozialdemokratischen PASOK dominiert haben.

Die Labour Party verlor bei den britischen Unterhauswahlen 2015 in Schottland 40 von 41 Mandaten und steht vor dem Aus. In Griechenland hat sich die PASOK ebenfalls beinahe aufgelöst. Sie hat 2015 mit 4,7 Prozent gerade noch den Einzug ins Parlament geschafft, und das nachdem sie 2009 mit 44 Prozent der Stimmen noch die absolute Mehrheit erobert hatte. Die italienische PSI wurde schon 1994 zu einer Splitterpartei mit nur 2,2 Prozent degradiert.

In Österreich niemals?

Beim Wiener Maiaufmarsch hat die SPÖ-Basis beeindruckend demonstriert, dass ihre Reihen immer noch geschlossen sind. Offensichtlich wird die Steuerreform, respektive die Entlastung der Arbeitnehmer_innen von den Mitgliedern als Erfolg der Parteispitze gewürdigt und honoriert. Allerdings kommt nach der Steuerreform sehr wahrscheinlich das große Sparpaket. Die Entwicklungen um die Hypo-Abbaugesellschaft Heta, die Prognosen für die Weltwirtschaft und die katastrophalen Verluste österreichischer Banken im Osten lassen das befürchten.

Die SPÖ wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach weiter an die Große Koalition mit der ÖVP fesseln und die Sparpolitik mittragen, nicht zuletzt, weil die FPÖ die einzige Alternative für eine Regierungsbildung bietet. Und die FPÖ ist auch ohne tiefer Wirtschaftskrise an der Schwelle die stärkste Partei zu werden – hauptsächlich weil sie beinahe eine Monopolstellung als radikale Oppositionspartei einnimmt. So angefressen ist die Bevölkerung heute schon auf die immer wiederkehrende große Koalition aus SPÖ und ÖVP.

Alternativlos?

Die Geschlossenheit der Sozialdemokratie, inklusive der sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaft erscheint in vielerlei Hinsicht positiv, aber sie ist auch ein echtes Problem, vor allem wenn man sich das Fehlen unabhängiger Initiativen vor Augen hält. Mit Ausnahme des großen Maiaufmarsches und groß aufgezogener medialer Kampagnen bekommt man den Eindruck, es existiere überhaupt keine Arbeiter_bewegung. Die vielen Verschlechterungen der letzten Jahrzehnte, die enorme soziale Ungerechtigkeit scheinen widerstandslos hingenommen worden zu sein. Das fällt uns schon heute, lange bevor große soziale Konfrontationen auf der Tagesordnung stehen, auf den Kopf.

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Erstens ist die Abwesenheit von sozialen Kämpfen prägend für die politische Landschaft Österreichs und mit ein Grund für den Erfolg der FPÖ.
Zweitens haben die österreichischen Arbeiter_innen keine Praxis darin unabhängige Initiativen zu starten. Dieser Mangel ist zu spüren, wenn sie defensive Kämpfe führen müssten, etwa gegen Personalabbau, gegen Betriebsschließungen oder gegen Verschärfungen in der Sozialgesetzgebung. Und die fehlende Praxis erlaubt erst recht keine offensiven Kämpfe – etwa für Senkung der Arbeitszeit, höhere Löhne für Frauen, etc.

Neue Praxis nötig

Der Mythos, dass man die Einheit der (sozialdemokratischen) Bewegung nicht gefährden dürfe, hat immer noch seine Wirkung. Es gibt genügend gute Leute in den Gewerkschaften und in der SPÖ, die sich gegen den Stillstand auflehnen sollten. Als Anstoß dafür wird es aber echte Bewegung brauchen und eine solche muss auch in die Betriebe ausstrahlen.

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Wenn im Pflegebereich Kämpfe gegen die unhaltbaren Zustände ausgefochten werden, dann müssen wir Linken uns zusammentun und diese Kämpfe unterstützen. Wenn den Lehrer_innen mehr Arbeit ohne mehr Bezahlung aufgebürdet wird, dann müssen wir ihnen zur Seite stehen. Wenn die Regierung mit ihrer Gesetzgebung gegen Flüchtlinge Rassismus schürt, dann müssen wir Widerstand leisten. In den letzten Wochen sind Streiks in Deutschland ausgebrochen und der Geist des Widerstands ist auch hierzulande zu spüren. Parteidisziplin darf kein Grund sein, die nötige Solidarität nicht zu organisieren.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.