Bürgerkrieg in Syrien: Bomben machen alles schlimmer!

Nach den Anschlägen in Paris (und dem in Beirut, über den eher wenig berichtet wurde) greifen nun neben US-amerikanischen, türkischen, russischen, iranischen und verschiedenen arabischen Kräften auch französische Bomber Syrien an.
18. Januar 2016 |

Hauptziel der französischen Angriffe ist die ost-syrische Stadt Raqqa, die seit 2012 vom “Islamischen Staat” besetzt ist. Viele der Ziele in Raqqa wurden bereits ausgiebig von US-Flugzeugen zerbombt und sind verlassen.

Lokale Aktivist_innen berichten, dass die französischen Angriffe aber die Wasser- und Stromversorgung der geplagten Bevölkerung abgeschnitten haben. Die französischen Kriegsakte verändern die Situation kaum, der IS konnte bisher auch monatelange US-Bombardements überstehen.

Koordination der Kriegstreiber

Die französische Intervention soll Frankreich in einen kriegsartigen Zustand versetzen und künftige Interventionen akzeptabel für die Bevölkerung machen.

Die französische Intervention soll Frankreich in einen kriegsartigen Zustand versetzen und künftige Interventionen akzeptabel für die Bevölkerung machen.

Der Himmel über Syrien ist inzwischen voll mit Kriegsflugzeugen, von denen die meisten Rebellengruppen angreifen, die sowohl dem IS als auch dem Assad-Regime zutiefst feindlich gegenüberstehen.

Es gibt jetzt eine gewisse “Koordination” zwischen den imperialistischen Großmächten und deren verschiedenen Verbündeten – ein Versuch, Balance in ihre Unterstützung für die konkurrierende Fraktionen zu bringen, die das Mosaik widerstreitender Interessen in Syrien bilden. Nur sehr wenige der ursprünglichen Rebellengruppen, die am bewaffneten Aufstand gegen das Assad-Regime teilgenommen haben, konnten ihre Unabhängigkeit bewahren.

Imperialistische Kettenreaktion

Fern davon, den Krieg zu beenden, hat bisher jede Interventionen von außen eine Flut neuer tödlicher Waffen nach Syrien mit sich gebracht. Der Iran und die libanesische (schiitische) Hizsbollah, die zur Unterstützung des Assad-Regimes ins Land gekommen sind, konnten gerade einmal eine Pufferzone entlang der libanesischen Grenze schaffen.

Doch diese Intervention brachte die Golf-Königtümer dazu, massiv die Rebellen zu unterstützen. Die darauf folgenden Erfolge der Rebellen zogen Russland in den Krieg. Nun erhalten Rebellengruppen Tonnen fortgeschrittener amerikanischer Anti-Panzer-Raketen.

Putins Krieg

Die Terrorakte von Paris hatten eine weitere Konsequenz. Sie haben Putin die Chance gegeben, sich nach seiner Intervention in den ukrainischen Bürgerkrieg, aus der internationalen Isolation zu befreien. Putin rechnet damit, dass der Westen sich hinter das Assad-Regime stellen wird – als einzige Alternative zum IS. Er lässt jetzt die ganze Macht der russischen Feuerkraft, darunter auch Cruise Missles, los, um das Assad-Regime zu stützen.

Trotz Putins Anti-IS-Rhetorik wurde der überwiegende Teil der Bomben auf das von Rebellen gehaltene Aleppo und Städte im Norden des Landes geworfen. Die jüngste Welle von Bombardements zerstört gerade die Teile von Damaskus, in denen sich die Aufständischen bisher noch verteidigen konnten.

Diese Städte und Nachbarschaften liegen weit entfernt von den Frontlinien mit dem IS. Die verschiedenen gefährlichen Interventionen weisen jedenfalls auf eine sich vertiefende Unbeständigkeit in den Beziehungen zwischen den führenden kapitalistischen Staaten hin.

Jeder gegen jeden

Syrien: Die tiefen Wurzeln der Katastrophe

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Der Nahe Osten von heute erinnert an die großen interimperialistischen Rivalitäten vor dem Ersten Weltkrieg. Das daraus resultierende Chaos säte damals den Samen für ein Jahrhundert des Kriegs, des Kolonialismus und der Diktatur.

Der IS erwuchs aus den zerstörten Überresten des Irak. Nun wird Syrien genauso behandelt. Militärinterventionen können die Zerstörung Syriens nur beschleunigen, indem sie einen neuen Kreislauf von Verzweiflung und Chaos erzeugen. Nur wenn die arabische Revolution, die momentan erfolgreich unterdrückt wurde, wieder erstarkt, kann es zu einem Ausweg aus dieser Sackgasse kommen.

Simon Assaf ist libanesischer Sozialist und lebt in England. Der Originalartikel ist zuerst in Socialist Review erschienen.
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.