Das war „Marx is Muss“ 2016: Stimmen des Widerstands!

Der diesjährige antikapitalistische Kongress „Marx is Muss“ stand ganz im Zeichen der Rebellion gegen das europäische Grenzregime und dem Kampf gegen die FPÖ. Internationale Gäste begeisterten die Besucher_innen vom 20. bis 22. Mai im Wiener Amerlinghaus.
28. Mai 2016 |

„Es war eine kleine Aufbruchsstimmung zu spüren!“, sagte Besucherin Rosa. „Man konnte viele neue Leute kennenlernen, die gleich denken, wie man selbst.“ An drei Tagen diskutierten fantastische Gäste aus ganz Österreich und der Welt die Aussichten für die Bewegung gegen Rassismus und die extreme Rechte.

Auch der Kampf gegen Klimawandel, für Frauenbefreiung, die Perspektive der arabischen Revolutionen und das britische Referendum über den Austritt aus dem Grenzregime Europäische Union (EU) wurden heiß debattiert. Marilen meinte: „Die Diskussionen waren unglaublich spannend. Ich fand es besonders gut, dass sich viele neue Leute zu Wort gemeldet haben.“

Breites Bündnis gegen FPÖ nötig

Der Kongress wurde mit einer spannenden Diskussionsveranstaltung über den Charakter der FPÖ eröffnet. Datenforensiker Uwe Sailer und Manfred Ecker (Herausgeber Neue Linkswende) plädierten dafür, die FPÖ als eine besonders gefährliche antidemokratische Partei zu verstehen, die um jeden Preis bekämpft werden muss.

© Mohammad Mosadegh
© Mohammad Mosadegh

Ecker sagte: „Der Widerstand gegen die FPÖ wird von uns vorangetrieben werden müssen. Damit meine ich die antifaschistische Bewegung, die in den letzten Monaten so erfolgreich jeden Versuch der Faschisten verhindert hat, eine Bewegung auf der Straße zu etablieren.“ Die Nachfrage nach der neuen Broschüre Das Braunbuch FPÖ war riesig – insgesamt 49 Stück wurden für freiwillige Spenden mitgenommen.

Volkhard Mosler von DIE LINKE in Frankfurt wies vehement die Darstellung zurück, wonach sich ganz Europa nach rechts bewegen und Sozialabbau automatisch zum Wachstum rassistischer Bewegungen führen würde. „Dann müsste Griechenland das rassistische Land der Welt sein. Dem ist aber nicht so! 85 Prozent der griechischen Bevölkerung setzen sich für Flüchtlinge ein“, meinte Mosler. Unterschiedliche Fronten im Klassenkampf würden unterschiedliche Taktiken verlangen. Mosler berichtete vom Aufbau des wichtigen Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus gegen die Alternative für Deutschland (AfD).

Revolution statt Reformismus

Besucher Alex war begeistert von den internationalen Gästen: „Der Kongress war für mich ein wichtiges Update, was sich alles in der Welt tut, besonders in Ägypten. Sehr  spannend war zu diskutieren, wie wir uns den Mächtigen entgegenstellen können.“ Wassim Wagdy von den Revolutionären Sozialisten in Ägypten sprach über die Revolution und ihre Aussichten. „Sie fürchten sich! Die Konterrevolution treibt uns die Menschen zu. Was bei Mubarak drei Jahrzehnte gedauert hat, ist bei Sisi jetzt in nur zwei Jahren passiert“, sagte Wassim voller Hoffnung. „Wenn es so weitergeht, könnten wir bald die nächste Revolution sehen.“

Die Grundlagen für einen radikalen Systemwandel kamen am Kongress nicht zu kurz. In einem inspirierenden Vortrag über „Revolution, Sozialismus, Kommunismus“ stellte Volkhard Mosler die bahnbrechenden Überlegungen von Karl Marx über den Staat und Revolution vor. Einige schlossen sich einem Lesekreis zur Broschüre „Das ist Marxismus“ an. Jakob war begeistert: „Der Vortrag hat mich besonders motiviert, die marxistische Theorie wieder aufzufrischen.“

Nieder mit der „Festung Europa“

Am zweiten Kongresstag erzählte Regimegegner Sahara von seiner spektakulären Flucht aus Syrien nach Europa. Nachdem er von der Küstenwache auf dem Weg nach Griechenland erwischt worden war, versuchte er aus Verzweiflung die gefährliche Seeroute zu schwimmen. Wieder erwischten ihn die Behörden, die ihn aber dieses Mal nach Griechenland brachten. Von dort ging es völlig spektakulär weiter:  „Ich klammerte mich fünfzehn Stunden lang unter einen Zug, um nach Belgrad zu kommen.“ In Ungarn wurde er abermals von der Polizei aufgegriffen, aber er gab nicht auf und schaffte es schließlich nach Wien.

Der Kampf für eine Welt ohne Grenzen und gegen die „Festung Europa“ stand ganz im Mittelpunkt des Kongresses. „Wir müssen jetzt zusammenhalten“, meinte Anahita Tasharofi  von Flucht nach Vorn. „Die Geflüchteten sind immer noch da, auch wenn ihnen die Medien nicht mehr so viel Aufmerksamkeit schenken.“

Judith Orr von der Socialist Workers Party (SWP Schwesternorganisation der Neue Linkswende) argumentierte aus genau diesen Gründen für linke Kampagne für eine Austritt aus dem Eliten-Projekt Europäische Union (EU), die tausende Flüchtlinge vor seinen Küsten ermordet. Am 23. Juni stimmen die Briten über den Verbleib in der EU ab. Judith meinte, es wäre ein schwerer Fehler, die Austrittskampagne den Parteien der extremen Rechten zu überlassen: „ Wir rufen dazu auf, mit Nein zu stimmen, weil wir uns auf die Seite der Werktätigen und der Flüchtlinge stellen. Das ist echter Internationalismus.“

Viele weitere spannende Veranstaltungen haben viele zum Grübeln und Weiterlesen angeregt. Judith Orr stellte ihr neues Buch Marxism and Women’s Liberation vor. Tobias Mellmer und Magdalena Pitzer von System Change not Climate Change diskutierten den nötigen Aufbau einer radikalen Massenbewegung, um die Zerstörung der Umwelt zu beenden.

Vorträge können auf Youtube nachgeschaut werden.

Antikapitalistischer Kongress Marx is Muss (Wien, 20.-22.5.2016)

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.